Rückkehr zum Eiger
Seitdem ich als Kind zum ersten Mal im Berner Oberland war, wollte ich dorthin zurück. Allein um die gewaltige Nordwand des Eiger zu sehen, lohnt sich der Besuch.
Ungefähr 1.650 Meter ragt diese Wand oberhalb von Grindelwald steil in die Höhe und ist damit eine der drei grossen Nordwände der Alpen. Ihren Spitznamen „Mordwand“ hat sie auch nicht ohne Grund.
Ich hatte noch ein paar Tage Urlaub zur Verfügung, also warum nicht mal ein kurzer Wanderurlaub. Die Anreise in dieses touristisch gut erschlossene Gebiet ist denkbar einfach. Mit dem Flieger bis nach Zürich und dann weiter mit der SBB nach Interlaken.
Interlaken – Hostel erwartet, Hotelqualität bekommen
Interlaken selbst liegt im Berner Oberland zwischen Thunersee und Brienzersee. Angesichts der guten Verkehrsanbindung (zwei IC-Bahnhöfe) und der unmittelbaren Nähe zur „Jungfrau-Region“ bietet sich der Ort daher als Basis sehr gut an.
Dort eingecheckt im „Backpackers Villa Sonnenhof“ – einer günstigen und zudem verkehrstechnisch gut gelegenen Unterkunft. Die Bezeichnung „Backpackers“ sprang mir da direkt ins Auge, da ich ja für so kurze Zeit kein Hotel benötigte. Umso größer war die Überraschung bei der Anreise, da das gebuchte Zimmer schon eher Hotelqualität hatte inkl. Dusche, WC auf dem Zimmer… Außerdem freies WLAN. Dazu noch nettes Personal. Alles in allem eine lohnenswerte Adresse, die zudem von beiden Fernbahnhöfen in gut 15 Minuten zu Fuß (mit Rucksack) erreicht werden kann.
Bei einem Kurztrip in die Region sind zwei Dinge zu empfehlen. Zum einen eine Fahrt mit der Jungfraubahn zur Passhöhe „Kleine Scheidegg“ zwischen Lauterbrunnen und Grindelwald mit anschließender Weiterfahrt durch den Tunnel im Eiger bis hoch auf das Jungfraujoch. Zum anderen eine Wandertour auf der „Schynige Platte“ oberhalb von Interlaken.
Mit der Jungfraubahn von Interlaken zur Kleinen Scheidegg
Direkt am nächsten Tag ging es los zum Jungfraujoch. Vorab ist aber ein Blick auf die Webcam dringend zu empfehlen. Nichts wäre ärgerlicher, als wenn die Sicht getrübt ist, wenn man oben ist. Die Fahrt mit der Zahnradbahn kostet nämlich gut stolze 100 Euro, selbt wenn man das Halbtax-Abo als Ermäßigung nutzt.
Die Fahrt startet in Interlaken-Ost und geht dann erstmal gemächlich bis zur Station Kleine Scheidegg hinauf. Schon während der Fahrt hat man einen wunderschönen Blick auf die umgebende Bergwelt. Auf der Kleinen Scheidegg bietet sich dann der Blick auf das Dreigestirn der Jungfrau-Region: Eiger, Mönch und Jungfrau.
Durch den Eiger rauf zum Jungfraujoch
Weiter ging es. Kurz hinter der Station Eigergletscher wurde es dunkel. Die Bahn fuhr in den Tunnel ein, der quer durch den Eiger bis rauf auf das Jungfraujoch führt. Weltoffen und touristisch erschlossen wie die Schweiz ist, erfolgten die Informationsansagen in Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Arabisch, Russisch, Chinesisch, Japanisch und Koreanisch. Eben passend zum Publikum.
Nach einiger Zeit stoppte die Bahn und alle konnten kurz aussteigen. Die Station „Eigerwand“ liegt relativ zentral in der Nordwand des Eiger und bietet einen spektakulären Ausblick. Weiter ging es dann zur nächsten Aussichtsstation. Nach einer großen Kehre erreichte der Zug die Station „Eismeer“ auf der gegenüberliegenden Seite mit eine ebenso spektakulären Aussicht. Dieses Mal aber über die Gletscherlandschaft des oberen Aletschgletschers.
’Top of Europe’ – auf dem Dach Europas
Schließlich erreichte die Bahn ihr Ziel. „Top of Europe“ nennt sich dieser höchste europäische Bahnhaltepunkt (Tunnelstation auf 3.454 m). Von der Station Kleine Scheidegg aus gerechnet, hatte die Zahnradbahn in kurzer Zeit gut 1.400 Meter Höhenunterschied überwunden. Vorsicht bei schwachem Kreislauf!
Von der Tunnelstation aus kann man sowohl einen Hochgeschwindigkeitsaufzug rauf zum Besucherdeck des Sphinx-Observatoriums nehmen. Die Aussicht von dort ist echt beeindruckend. Bei gutem Wetter reicht die Sicht vom Schwarzwald im Norden bis zur Po-Ebene im Süden. Und der Anblick, wie sich der gewaltige Gletscher des Jungfraufirn von den Flanken von Mönch und Jungfrau zum Konkordiaplatz ergießt und von dort als Großer Aletschgletscher weiter in Richgung Wallis fließt. Die beiden Viertausender Mönch und Jungfrau in unmittelbarer Nähe – grandios. Und natürlich der Gipfel des Eiger – von der Südseite gesehen gar nicht mehr so spektakulär.
Alternativ kann man auch direkt durch den Stollen auf das eigentliche Jungfraujoch gehen oder sich den in den Gletscher geschnittene Eispalast ansehen. Letzterer ist technisch sicherlich spektakulär; ich fand die Alternative aber reizvoller, daher habe ich es im Eispalast nicht so lange ausgehalten, sondern bin lieber raus ins Freie.
Direkt auf dem Schneefeld konnte ich ganz bequem mit kurzem Hemd herumlaufen – so warm war es dort. Zu früh gefreut: Eis und Schnee wirken dort wie ein Hohlspiegel und ich habe mir einen soliden Sonnenbrand geholt.
Auch wenn es dort oben wunderschön ist – irgendwann musste der Rückweg angetreten werden. Eine knapp zweistündige Wanderung auf der Passhöhe bot dann einen herrlichen Tagesabschluss.
Wetterumschwung auf der Schynige Platte
Am folgenden Tag ging es mit der Schynige-Platte-Bahn den Berg zur gleichnamigen Station hinauf. Dieses Plateau oberhalb von Interlaken bietet einen schönen Panoramablick auf Thunersee und Brienzersee sowie auf Eiger, Mönch undJungfrau. Jedenfalls theoretisch. Das Wetter schlug recht schnell um, und die Sicht verschlechterte sich. Es war allerdings kein direkter Nebel, sondern tief hängende Wolken, durch die die Wanderung dann führte. Die Fernsicht war dann leider getrübt, aber Wetter kann man halt nicht ändern. Die Tour auf die Schynige Platte war trotzdem sehr lohnenswert.
Tja – und so schnell war dann schon wieder ein Kurztrip vorbei. Via Interlaken und Zürich ging es wieder nach Hause.
Fazit
Sollte man in diese Region kommen und sollte das Wetter mitspielen – dann muss man eigentlich auf das Jungfraujoch. Nirgends sonst kann man drei so berühmten Bergen so sehr nahe sein und solch eine spektakuläre Aussicht genießen. Auch wenn die Fahrt dort hinauf unverschämt teuer ist, habe ich es nicht bereut.