Wenn man momentan schon kaum weg kommt, lohnt es sich auf jeden Fall, ein paar Ausflugsziele in der näheren Umgebung zu erkunden. So zum Beispiel einige Halden im Ruhrgebiet (und zwei am Niederrhein)

Halden im Ruhrgebiet

Im Steinkohle-Bergbau entstand sehr viel Abraum, schließlich mussten die Kumpel ordentlich buddeln, bis sie das Kohlenflöz erreicht hatten. Alles, was dazu aus Schächten und Stollen geholt wurde, bildet den Abraum, die sogenannte Berge. Zu Anfang wurde diese einfach neben dem Bergwerk aufgeschichtet, aber nach und nach erkannte man, dass da echt viel Schutt zusammenkommen würde. Daher wurden die Abraum- bzw. Bergehalden immer größer und größer.

Mittlerweile ist der Steinkohlebergbau im Revier Geschichte, mit der Schließung der Zeche Prosper-Haniel ging 2018 eine über hundertjährige Industrietradition zu Ende. Sollte irgendwann auch der letzte Förderturm verschwunden sein (was ich nicht glaube), werden die Halden immer noch davon zeugen.

Halden als Landschaftsbauwerke

In den 80er Jahren begann man, die doch recht hässlichen Steinhalden nach und nach zu begrünen und zu Landschaftsbauwerken zu formen. Mittlerweile sind die meisten von ihnen öffentlich zugänglich und mit Wanderwegen erschlossen. Ob nun Jogger, Mountainbiker oder Wanderer – alle genießen die eindrucksvolle Aussicht, die diese Halden über die Umgebung bieten.

In den 90er- und 2000er Jahren wurden die Halden im Ruhrgebiet zunehmend für den Tourismus interessant und entstanden eindrucksvolle Landmarken, die die Halden von weitem schon erkennbar machten. Das Horizontobservatorium der Halde Hoheward in Herten, der Tetraeder auf der Halde Beckstraße in Bottrop oder auch das Papstkreuz der Halde Haniel, an der Grenze Bottrop und Oberhausen.

Auf vielen Halden sind zudem Zeugnisse des Bergbaus hinterlassen worden, wie Seilscheiben, Loren oder ähnlichem.

Haldenwandern

Die Halden sind eine ideale Trainingslandschaft für Wanderer. Gerade bei Großhalden wie Hoheward und Haniel kann man durchaus ein paar Stunden darauf unterwegs sein, da Wanderwege oft auch mehrfach um die Halde herum auf den Gipfel führen. Wer dagegen steile Aufstiege bevorzugt, auch diese sind dort oft gegeben.
Die Gipfelplateaus sind zumeist oberhalb des Baumbestands und ermöglichen so eine schöne Aussicht über die umliegende Landschaft. Bei gutem Wetter lassen sich auch viele andere Halden anhand ihrer Landmarken erkennen.

Alsumer Berg in Duisburg

Beginne ich mal quasi vor der Haustür. Im Duisburger Stadtteil Bruckhausen liegt der Alsumer Berg, malerisch gelegen zwischen Stahlwerk, Kokerei und Rhein. Die ehemalige Schlackedeponie (also kein Abraum aus dem Bergbau, sondern Schlacke von der Verhüttung) liegt auf der Gemarkung des ehemaligen Örtchens Alsum. Der Weg auf den Gipfel ist vom nahegelegenen Parkplatz „Alsumer Steig“ normalerweise in knapp einer halben Stunde zu machen. Also nix Wildes. Belohnt wird man aber mit spektakulärer Aussicht auf die Duisburger Schwerindustrie. Der nördliche Aussichtspunkt liegt genau gegenüber des Kühlturm der Kokerei Schwelgern, wo alle ca. 20 Minuten eine neue Ladung Koks abgelöscht wird. Wenn ein paar tausend Liter Wasser beim Kontakt mit dem 1.600 Grad heißen Koks verdampfen, entstehen spektakuläre Dampfwolken.

Der östliche Ausblick geht auf die Hochöfen 8 und 9 sowie das Stahlwerk Bruckhausen von Thyssen Krupp Steel. Der moderne Hochofen 8 ist 2007 neu gebaut worden und an seinem roten Anstrich gut erkennbar. Westlich geht der Blick über den Rhein bis weit ins Niederrheinische, vom Kraftwerk Walsum im Norden bis zur Halde Rheinpreussen.

Halde Beckstrasse in Bottrop (Tetraeder)

Jeder, der schon mal auf der Autobahn A2 bei Bottrop unterwegs war, wird den Tetraeder schon mal gesehen haben. Diese imposante Landmarke ist auf weite Distanz gut zu erkennen – und wenn man sich die Mühe macht, den Weg auf die Halde anzutreten, kann man auch den Tetraeder noch besteigen. Vorausgesetzt, man ist schwindelfrei, denn die verwendeten Lochgitter für Treppen und Ebenen sind nicht jedermanns Sache.

Halde Haniel in Bottrop

Ebenfalls von der A2 sichtbar ist die Halde Haniel auf Höhe des Parkplatzes Schwarze Heide (FR Oberhausen) – hinter dem Förderturm des ehemaligen Bergwerks Prosper-Haniel ragt die Halde mit ihrem markenten Gipfelkreuz weit über die Umgebung. Auch hier gibt es einen Parkplatz (Kleekamp), von dem aus man den Aufstieg beginnen kann; dieser dauert gut 45 Minuten bis zur ersten Ebene. Es gibt verschiedene Wege nach oben, der bekannteste ist sicher der Kreuzweg. Hier sind verschiedene Stationen eines Kreuzwegs markiert, an dem auch jährlich zu Ostern eine Prozession stattfindet – für den geneigten Atheisten oder Agnostiker stehen an den Stellen aber auch Werkzeuge und Objekte aus dem Bergbau, wie Loren, Förderkörbe u.ä. – es ist also für alle etwas dabei.

Erreicht man die erste Ebene hat man schon einen schönen Blick über die Umgebung, besonders auf das Werksgelände der ehemaligen Zeche. Der Tetraeder in Bottrop oder die Arena Auf Schalke sind ebenso zu sehen, wie die Hochöfen in Duisburg. Dominiert wird diese Ebene von einem Altar sowie dem Gipfelkreuz – dem Papstkreuz, das 1987 anlässlich des Besuchs von Papst Johannes Paul II. von Azubis der Zeche erbaut worden ist.

Hinter dieser Ebene wurde die Halde weiter aufgeschüttet, so dass das Haldentop nun weiter hinten liegt – hier führt an jeder Seite ein gut ausgebauter Weg nach oben. Eingebettet in den Schutz der höchsten Schüttung liegt das Amphitheater; Inszenierungen dort stelle ich mir recht spektakulär vor.

Auf dem Gipfel der Halde Haniel ist eine Reihe von farbigen Schwellen aufgestellt, die Totems darstellen sollen. Ein Tipp: hier oben ist es immer windig, also auch im Sommer eine Windjacke mitnehmen.

Heinrich-Hildebrand-Höhe in Duisburg-Angerhausen

Eine weitere Halde direkt vor meiner Haustür ist diese Deponie einer ehemaligen Zinkhütte. Der Name sagt selbst vielen Duisburgern nichts, aber wenn man „Tiger&Turtle – Magic Mountain“ erwähnt, kennt es jeder. Auf dem Top (ca. 20 Minuten Aufstieg) steht als Landmarke eins Skulptur, die irgendwie an eine Achterbahn erinnert – und bis auf den Looping auch begangen werden kann. Von hier hat man sowohl einen guten Blick auf die Anlagen der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann in Duisburg-Hüttenheim, als auch – bei gutem Wetter – bis zum Flughafen Düsseldorf.

Halde Hoheward in Herten

Die größte Haldenlandschaft Europas nennt man den Verbund der beiden Halden Hoheward und Hoppenbruch in Herten. Und dieses als Landschaftspark Hoheward ausgebautes Landschaftsbauwerk kann sich echt sehen lassen. Hier kann man durchaus ein paar Stunden verbringen. Für den Aufstieg empfehle ich bei der ehemaligen Zeche Ewald nordwestlich der Halde zu parken. Da Gebäude und Fördergerüste noch stehen, kann man hier direkt den Charme der Industriekultur atmen.

Rauf geht es über eine direkte Treppe (Himmelsstiege) zum oberen Haldentop. Auf einer Zwischenebene führt ein Panoramarundweg um das ganze Areal, diesen habe ich aber für den Rückweg genutzt. Das Haldentop selbst ist eher spärlich bewachsen, hauptsächlich Flechten und Gräser, keine Bäume und nur wenig Sträucher. Entsprechend windig ist es dort oben.
Bereits von weitem sichtbar, aber als Quasi-Bauruine leider dauerhaft abgesperrt ist das riesige Himmelsobservatorium im Osten der Halde. Nicht weit südlich davon steht dann noch ein Obelisk als Sonnenuhr.

Die Halde hat mir besonders gefallen, da man dort durchaus ein paar Stunden mit Auf- Abstieg und Spaziergang verbringen kann. Am Parkplatz der Zeche Ewald gibt es zudem noch ein Café, wo man sich nach der Tour mit einem guten Stück Kuchen stärken kann.

Halde Norddeutschland in Neukirchen-Vluyn

Nördlich von Neukirchen-Vluyn liegt die Halde Norddeutschland. Hier ist der Aufstieg fast besser als die Aussicht vom Top. Vom obligatorischen Parkplatz führt nämlich eine Himmelsleiter mit 359 Stufen direkt zum 52 Meter höher gelegenen Haldentop. Und ja, es gibt Bekloppte, die sich selbst genug hassen und da immer nur rauf und runter rennen. Muss jeder selber wissen. Am Top angekommen gibt es ein ganz ordentlich ausgebautes Wegenetz, z.B. einen Panoramaweg. Da man sich allerdings schon recht weit im Niederrheinischen befindet, ist die Aussicht nicht mit der von Halden „direkt im Pott“ zu vergleichen. Mit dem Haldenhaus gibt es natürlich auch eine entsprechende Landmarke.

Halde Rheinelbe in Gelsenkirchen

Diese eher kleinere Halde habe ich im Winter besucht – auch hier gibt es wieder genug Parkmöglichkeiten und Wege nach oben. Zuerst führt der Weg in weiter Runde um die Halde, um dann immer weiter in den Wald zu führen. Ein Birkenwald übrigens. Habe ich in natürlicher Form in Deutschland irgendwie noch nirgends gesehen, ist mal was total anderes. Am Gipfelplateau endet der Baumbestand und mittig erhebt sich als spitzer Kegel das Haldentop, gekrönt von der sogenannten Himmelstreppe – einer Aufschichtung mehrerer Betonplatten. Nicht so spektakulär – aber im Schnee doch ganz nett.

Halde Rheinpreussen in Moers

Den beinahe kürzesten Aufstieg bietet die Halde Rheinpreussen – hier kann man fast bis auf den Gipfel fahren und muss nur noch die letzten Meter zu Fuß gehen. Bei Tag bietet sich ein netter Blick von der niederrheinischen Seite über den Rhein Richtung Ruhrgebiet – aber nachts ist ein Besuch spektakulär. Als weithin sichtbare Landmarke steht auf dem Haltentop ein rotes Geleucht, also eine überdimensionierte Grubenlampe. Diese wird nachts leuchtend rot illuminiert. Durch die ganzen roten Scheinwerfer ist dann quasi das ganze Areal in rotes Licht getaucht.

Fazit

Einen Spaziergang auf eine Halde kann ich allen nur empfehlen. Bewegung an frischer Luft mitten im Ruhrgebiet, tolle Aussicht und der Kontakt zur Industriekultur bieten eine tolle Kombination. Bei Halden in Industrienähe kann auch ein Besuch am Abend / in der Nacht spannend sein.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.